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Fachblog rund um E-Health, Gesundheits-IT, Arzt- und Praxissoftware

 

 

 

Telemedizin in der Arztpraxis: Zwischen medizinischer Notwendigkeit, Patientenwünschen und IT-Angst

Wir von Doc Cirrus als Anbieter von Telemedizin im Rahmen der Praxissoftware stehen jeden Tag mit Ärzten in Kontakt, die bei allen berechtigten Bedenken telemedizinischen Anwendungen immer offener gegenüberstehen, aber immer noch den Aufwand scheuen, der mit Anschaffung und Nutzung assoziiert wird. In der Tat ist es immer noch eine technische Achterbahnfahrt im deutschen Gesundheitswesen, bis sich deutsche Arztpraxen in die Lage versetzen können, so einfach wie nötig aber so sicher wie möglich E-Health-Funktionen wie Online-Sprechstunden und Telekonsile bedarfsgerecht zu nutzen. Diese Optionen direkt aus der ärztlichen Kernsoftware wie der inSuite in der Praxis zu verwenden, ist kaum verbreitet.

Dabei bringen vor allem im Fachkontext angewandte Kooperationen wie Tumorkonferenzen in Zeiten interdisziplinärer Behandlungen einen großen Mehrwert für die beteiligten Ärzte und Patienten. Das Thema Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung ist gar ohne eine Software nicht denkbar, die mit telemedizinschen, dokumentarischen und abrechnungstechnischen Funktionen ortsunabhängig einem ASV-Ärzteteam die dezentrale Arbeit in einem (eigenen) Netzwerk ermöglicht. Aber wie ist dabei der Stand bei den niedergelassenen Ärzten beim Thema Telemedizin im Jahr 2017?

telemedizin nutzen

Alltagsrelevanz und digitale Ausstattung: Die Praxis handlungsfähig machen

Ein oft gehörter Einwand seitens der Ärzte ist die immer noch viel zu geringe Ausstattung mit einer der stabilen Stromversorgung ebenbürtigen Internetbandbreite. Allein im wirtschaftlich starken Bayern verfügten 2017 nur knapp 40% der Gemeinden im ländlichen Bereich über eine Bandbreite von mind. 50 Mbit/sec. Also genau die Praxen, die aufgrund des demografischen und des Strukturwandels am meisten nach Lösungen im Bereich Telekonsil fragen, haben die schlechtesten Startvoraussetzungen. Ein anderer Aspekt ist auch, das große IT- und Softwareanbieter am Markt viele Praxen in der Vergangenheit in eine systemische Abhängigkeit gedrängt haben, so dass vielen Arztpraxen individuelle Lösungen bisher verwehrt blieben. Eine zentrale Speicherung der Patientendaten ist dabei nur ein Beispiel. Wir sind hier überzeugt davon, dass ein Telemedizindienst auf Basis der praxiseigenen Ressourcen erfolgen muss. Von der geplanten Telematikinfrastruktur hören wir von den Ärzten mit denen wir reden bereits jetzt, wie gewisse Anbieter sie wieder in eine IT-technische Unmündigkeit drängen. Die Lösung ist dafür kein Pauschalrezept. Wir können nur aufklären und unseren Kunden die Chance einräumen, etwas kennenzulernen, mit dem der Arzt Funktionen im Sinne ihres Alltags und ihrer Bedürfnisse nutzen können. Frei und guten Gewissens, jederzeit ohne viel Aufwand Frau oder Herr der technischen Lage zu sein.

Telemedizin-Alltag: Unklarheiten beseitigen und ärztliche Wünsche ernst nehmen

Ein Arzt meinte kürzlich zu uns: „Telemedizin ist für mich schon, wenn die Telefonanlage mit meiner Software interagiert und ich so viel an Fragen abfedern kann.“ Und recht hat er. Auch diesbzgl. erleben wir eine hohe Nachfrage, Software- und Telefonsystem intelligent miteinander zu verzahnen, um so der Praxis mit einfachen digitalem Komfort das Leben zu erleichtern. Und die Schweiz macht es vor: Dort ist die telefonische Beratung durch den Arzt sehr erfolgreich, fast einem Drittel aller Patienten kann bereits auf diesem Weg geholfen werden. Wir verhelfen unseren Kunden dazu, bei Anruf direkt im Patientenkontext zu dokumentieren. „Wenn dazu noch der Patient automatisch live sichtbar wäre, hätte ich bei vielen schon viel gewonnen“, erzählt uns ein Hausarzt, der vor allem den vielen alltäglichen wiederkehrenden Patientenbefindlichkeiten gerne öfter derart begegnen würde. Viele Stammpatienten kennt er so gut, dass er sich das vorstellen könnte – auch um ihnen im Falle eines Falls krank den Weg zum Arzt zu ersparen. Doch viele Mediziner scheuen eine Realisierung weniger wegen der sich bisher kaum lohnenswerten Abrechnungskonditionen, sondern vielmehr aufgrund rechtlicher Unsicherheit.

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Grenzen und Chancen: Welche Steine der Telemedizin in der Praxis im Weg liegen

Ebenso wie bei der technischen Ausstattung geht es bei der eigentlichen Anwendung um Selbstbestimmung von Arzt und Patient. Das individuelle Krankheitsbild und das persönliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient steht eine viel zu kleinteilige und ausufernde Bürokratie entgegen, die sich auch auf die modernen digitalen Chancen auszudehnen droht (oder es bereits hat). Die Politik fürchet, dass die Telemedizin den persönlichen Kontakt ersetzen könnte. Doch wir hören mehrheitlich von Ärzten (im Zuge knapper Budgets beim Faktor „Zeit für den Patienten haben“), die die Telemedizin als Ergänzung verstehen und genau wissen, wo und bei wem sie welchen Behandlungsweg gehen können und wollen. Allein die rechtliche Beschränkung in Form eines Verbotes ausschließlicher Fernbehandlung und die Fernverordnung von Medikamenten müsste aufgehoben werden. Oder zumindest so vereinheitlicht und entschärft werden, dass der Arzt vermehrt eigenständige und bedarfsgerechte Entscheidungen treffen kann. Am Ende sehen wir an den Fragen unserer Kunden, dass die Digitalisierung in der Mitte der Ärzteschaft angekommen ist – aber die Gefahr droht, dass viele des Themas durch Gängelung von verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen überdrüssig werden. Dem wollen wir im Sinne der Bedeutung des Themas aktiv entgegentreten.

Worauf der Arzt bei der Telemedizin-Software bauen kanntelemedizin mehr zeit

Um aber versöhnlich und optimistisch abzuschließen ist festzuhalten, dass eine onlinegestützte Versorgung technologisch und inhaltlich funktioniert. Jetzt müssen die vielversprechenden Anfänge in Sachen Datenschutz und Nutzungskomfort im ärztlichen Rechts- und Behandlungsalltag professionalisiert werden. Das muss sich auch im EBM niederschlagen, wo die Online-Sprechstunde bisher eher den Status einer Telefonsprechstunde genießt und den heutigen technischen Möglichkeiten und Bedürfnissen kaum gerecht wird. Doc Cirrus bietet z.B. eine automatisierte Diagnose unterstützende Vitaldatentransfers (z.B.) bei Herzschrittmachern im Kontext der Arztsoftware an: Der Arzt hat die Daten des Patienten in diagnosefähiger Form bereits in der eletronischen Patientenakte, bevor der Patient deswegen persönlich vorstellig wird. An dieser Stelle zeigt sich das große Potential in Form eines perfekten Zusammenspiels digitaler und analoger (also Fern- und Vor-Ort-) Behandlungsprozesse. Von diesem können auch insbesondere Patienten wie Schwangere, chronisch Kranke oder hoch infektiöse Patienen profitieren, denen eine technisch einfach vom Arzt gesteuerte telemedizinische Infrastruktur besonders zu Gute käme.

Ein pragmatisches Fazit: Telemedizin = Medizin am Patienten = Dem Arzt seinen Entscheidungsfreiraum lassen

Am Ende entscheidet der Arzt darüber, ob und wie er mit Telemedizin-Software bei Aspekten wie Anamnese und Ersteinschätzung eine valide Routine entwickelt – zusammen mit dem Patienten. Selbstbestimmtheit und Zeitersparnis sorgen für weniger Ängste beim Patienten und Arzt gleichermaßen. Im Gespräch mit den Ärzten sehen wir, dass solche Funktionen nicht weniger als ein neues, nützliches Werkzeug im IT-Werkzeugkasten des Praxisinhabers sein können – wenn denn das Werkzeug ordentlich sowie sicher gearbeitet ist und sich sprichwörtlich an die Hand des Arztes anpasst und nicht umgekehrt. Dabei spielt es unserer Erfahrung nach weniger eine Rolle, ob ein Arzt besonders IT-affin ist oder nicht. Am Ende entscheiden die meisten nach ihrem Bedarf, der sich hauptsächlich an den Indikationen ihrer Patienten bemisst. Und genau die sind es, an die sich eine telemedizinische Infrastruktur (auf Praxisebene!) orientieren muss.

Wir finden: Genauso wie die Daten zum Arzt müssen und nicht umgekehrt, müssen sich auch onlinebasierte medizinische (Be-)Handlungshilfen an den Arzt anpassen und nicht andersherum. Genau das sollte die Telemedizin im Jahre 2017 mindestens leisten: Eine planbare Entlastung durch ärztliche Entscheidungsfreiheit.